Gedichte von Wladimir Berlinsky, übersetzt aus dem Rumänischen
von Liviu Berlinsky
HÖLDERLIN
Vom Türmchen aus das Fließen des Flusses Neckar
betrachtend, neben dem Häuschen des Zimmermanns
Zimmer, ich sehe ihn reden mit Hölderlin,
geisteskrank seiend, und ich höre sie:
‒ Warum kümmerst du dich um mich, ich seiend
ein Fremder?, fragt Hölderlin.
‒ Weil du wie mein Kind bist
und wir stehen beide auf der Schwelle
des Absoluten – sagte der Zimmermann.
– Warum gehen wir dann nicht nach Hause?
‒ Ja, wir gehen sofort, wir brauchen es
eine Fußgängerbrücke über den Rhein.
‒ Dann wird dein großes Leid weinen,
deine Träume werden nicht aus Griechenland
zurückkehren, Herz, deine Kindheit ist vorbei
neben der goldenen Sandale des Empedokles,
vom Vulkan geworfen, damit ich meinen Kopf
auf sie lege. Mein
Leben blieb für immer
hinterher, das Leid fließt durch die Jahre
der Staub bedeckt deinen Körper, niemand
hört auf deine Stimme, auf dein Herz.
Du, Zimmer, du rettest die Menschheit.
‒ Bis zu meinem letzten Atemzug werde ich
bleiben bei dir, mein Kind, denn du bist
Liebe und Vibrieren.
– Das Gedicht gelang mir, die Maximen
des Lebens sind transparent. Kein Tosen.
Das Leben ist eine Farce, die vorherbestimmt ist
von allen gespielt zu werden.
– Zimmer: Der Herr ist meine Stärke und ich
preise den Herrn.
‒ Warum diese dunklen Vorahnungen, mein Herz?
***
Mögest du nie geboren worden sein
ein Schlaf ohne Anfang im Bett einer
Flocke aus Licht am Ursprung, wo
nicht einmal der Gedanke gelangt
wenn du diesem ewigen Schlaf
einen endlosen Schiffbruch entrissen
hättest: die Sehnsucht nach diesem
früheren Zustand ist die Vorahnung
des Bewusstseins, ohne dass du es dir
wünschst. Da war eine Wollust von dir,
die das Da-Sein zerriß. Mir graut vor allem,
was sich äußert, mir graut vor jeder Geste.
***
Ihr, alle Männer und ihr, alle Frauen
ihr, Tage der Moiren euch sollen wir
totschweigen ‒ von unserer Durchfahrt
bleibt nichts übrig nirgendwo ‒ meine
Schritte gingen durch den Garten
in den geheimen Schatten aber die Rosen
hoben ihre Stirn, wo ich traurig vorbeiging,
wie vor einem großen Verlust meditierend
als wäre das Leben zum Himmel geflogen.
***
Der Wohlgeruch des Abends in Feiern
verhexte Paarung deren Seelen in der Krone
sind der himmlische Wind wirft Tränen
ich sah Gold, eine Biene verlässt den Obstgarten
für die geschwärzte Frucht, dieses Antlitz
hatte keine Gesichtszüge einer Geisel,
ihr Mund wird auf deinen Augen taub.
***
Der Geist tropft Tränen voll mit Ideen
du dünne,
blasse Liebe gesaugt von
Magersucht das Unbestimmte aus
deinen großen schwarzen strahlenden
Augen quellend aus den Instinkten
führt ihn unwiderruflich zum Absoluten
bei der ersten Berührung unserer Lippen
ahntest du voraus die melodische
Enttäuschung aus jeder Melancholie
eine süße Hölle sammelte in Böen
die klingenden Augenblicke,
du glänzende Tänzerin.
***
Zarte Ginsterblüte
schlichte und leuchtende
sie tropft ihre Tränen
auf die blutbefleckte Brust
eines Granates einem Star
beim Singen zuhörend.
***
Es gibt Schweigeminuten so schwer wie
die Nächte sie pulsieren in den Stimmen
des Blutes in den Lichtern, welche die Sicht
in Brand stecken es gibt Winde, die deinen
Namen aus der Erinnerung an die Zeit tragen,
es gibt Nächte, in denen dein Lächeln über
das Grauen lächelt, das eine Erinnerung
an die Zukunft ist und deine Rede ergab
Sinn ‒ ich brach zusammen.
***
Stunde des Leidens, Stern, der langsam
herabsteigst, neugierig solltest du mir
die Kraft und den Mut geben, meinen
Körper und mein Herz ohne Ekel zu
betrachten: ‒ ich schäme mich, dass
ich einen Körper habe ‒ der schweigsame
Blick der Sonne entdeckt die Seele,
eine Fremde in diesem Haus, die ihren
Namen noch nicht kennt.
***
Unsere Herzen sind voll mit Traurigkeit
wir schauen durchs Fenster, auf dem
die Schneeflocken schmelzen ein Chor
von Gläsern singt Hymnen an den Gott
Odin, die Glocken sind aus Bronze und
sie strömen einen Klang aus einer anderen
Welt aus hoch droben auf dem Berg
in Richtung Osten die düsteren Ruinen
inmitten der Böen des eisigen Nieselregens
und er strömt aus den Steinen empor
der Turm der Ratten, wo der Erzbischof
Hatto II, nachdem er die hungrigen Bauern
auf den Scheiterhaufen geschickt hatte
er wurde lebendig begraben, damit er
von diesen schrecklichen Tieren verschlungen
werden konnte. Oberhalb des Vorgebirges
ist sein Schatten so rot wie das Blut im Begriff
auf das Wasser des Flusses zu fallen, dieser
stumme Schatten scheint zu sagen: „Ich bin
blind vor euerem Licht. Ich bin eine Bestie,
ein schwarzer Schakal.“ Und immer größere
Schneeflocken kleben an der Fensterscheibe
der Wind pfeift auf den Bergkämmen
als brennte er vor Verlangen, das Drama,
das Unglück, die Einsamkeit zu bekennen.
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